Stell Dir vor, wir haben hohen Besuch in der Stadt. Der Papst ist da. Alles ist gesperrt... und der FC spielt und Du kommst nicht ins Stadion?! Damit genau das nicht passiert, erklären wir hier die Spieltagplanung der DFL Stück für Stück.
Im Frühjahr jeden Jahres beginnt die DFL, die Deutsche Fußball Liga GmbH, die Spieltagplanung für die kommende Saison. Zunächst werden die Rahmendaten benötigt: Terminkalender von FIFA und UEFA sowie Vorgaben von Kommunen, Sicherheitsorganen (Polizei und Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze = ZIS), Clubs und Stadionbetreibern und der Medienpartner gilt es zu berücksichtigen. Und wenn dann die Auf- und Absteiger feststehen, kann die Planung starten. Mit einer eigens für die DFL erstellten Software.
Das klingt nach einer großen Sammelaktion von vielen, vielen Daten? Ist es auch! Für noch mehr Daten. In der Theorie dient die Software zur Terminierung der Spieltage (existiert seit 2006) zur Automatisierung von Entscheidungsprozessen („mit Hilfe der Methode der ganzzahligen linearen Optimierung – ein Teilgebiet der angewandten Mathematik“, so DFL MAGAZIN 3/2019). Das Programm errechnet verschiedene Spielpläne, die von der DFL-Spielleitung in der Direktion Fußball-Angelegenheiten & Fans überprüft und anschließend in zahlreiche weitere Berechnungsschleifen geschickt werden, um das optimale Ergebnis zu ermitteln.
In der Praxis gilt es viele Begebenheiten zu berücksichtigen und der Software zur Verfügung zu stellen:
- Verkehr (Straßenverkehr rund um die Stadien): z.B. sollten Köln, Leverkusen, Düsseldorf und Mönchengladbach nicht gleichzeitig Heimspiele haben,
- Sicherheit: notwendige Sicherheitskräfte, Polizei, Polizei-Pferde (!) und Feuerwehrmänner,
- andere Sport-Ereignisse, Großveranstaltungen (Karneval, Marathon-Läufe und Fahrradrennen, Messen...),
- 1. Mai-Demos (Region Berlin, Hamburg und andere Städten mit hoher Polizei-Präsenz),
- akuter Pferde-Mangel z. B. wegen Atommüll-Transport,
- Tanzverbot an Feiertagen (Feiertage Totensonntag und Karfreitag),
- (internationale) Turniere: Erfolgreiche Teilnahme der Mannschaften am DFB-Pokal, Champions-League und Europa-League,
- weitere wichtige Turniere/Termine: mögliche Neu-Terminierung eines Bundesliga-Spiels,
- Nationalmannschaft: Länderspiele und Turniere der deutschen Nationalmannschaft,
- Papstbesuch: sonstige Ereignisse in den Stadien wie große Konzerte, der Papstbesuch im Berliner Olympiastadium (oder zum Weltjugendtag 2005 in Köln),
- Bezahl-Fernsehen/Sponsoren-Interessen: die Interessen der Pay-TV Sender müssen berücksichtigt werden – sie stellen ca. 2/3 der TV-Einnahmen der DFL,
- zusätzliche Anpfiff-Zeiten in der 1. Liga: zu den Erstliga-Spielen am Freitag (20.30 Uhr), Samstag (15.30 und 18.30 Uhr) sowie am Sonntag (15.30 und 17.30 Uhr) kamen ab 2017-2018 zwei neue Anstoßzeiten dazu: je fünf Spiele am Sonntag um 13.30 Uhr und montags um 20.30 Uhr,
- ...und zu guter Letzt die Fan-Anreise (FC-Fans fahren in der 1. BuLi 10.590 Kilometer // Spielsaison 2017/18 Quelle. FAZ/Verkehrsmittelportal gopili), 2. BuLi vom Dom bis zur Türschwelle und zurück der 17 Zweitliga-Stadien 12.740 Kilometer).
„Schnelle Spielplan-Vorschläge und noch mehr Daten“
Und nun? Einfach einen Knopf drücken und die Software „spuckt“ Ergebnisse aus? Fast: Die Software beginnt den Rechenprozess unter Berücksichtigung der zahlreichen Parameter (s. o.). Es entstehen viele Möglichkeiten der Spiel-Ansetzungen. Doch darf man nicht vergessen: weitere Berechnungsschleifen folgen, denn die DFL will „das“ optimale Ergebnis ermitteln.
Im Durchschnitt durchläuft die Software 70 Durchgänge, bis alle Vorgaben zur Genüge umgesetzt sind. Ein Beispiel der Vorgaben ist, keine regionalen Dopplungen wie zeitgleiche Heimspiele des 1. FC Köln und Bayer 04 Leverkusen anzusetzen. Wird zufälligerweise genau diese Dopplung dennoch als Vorschlag errechnet, so gilt dies als Fehler und das Programm erteilt sich hierfür selbst Strafpunkte.
Oberstes Ziel für die gesamten Berechnungsschleifen ist, so wenig Strafpunkte wie möglich zu erzielen – ähnlich einer Klassenarbeit. Die Berechnungen bzw. die besten Spielplan-Ergebnisse mit den geringsten Fehlerpunkten werden abschließend von der Spielleitung geprüft. Hierbei wird nochmals kontrolliert, ob alle relevanten Kriterien erfüllt wurden und, ob diese auch zu einem ausgewogenen und fairen Spielplan geführt haben. Fair bedeutet hier zum Beispiel, dass das Auftaktprogramm der Aufsteiger ausgeglichen ist.
Nun muss aus den von der Software vorgeschlagenen möglichen Lösungen seitens der DFL „nur“ noch die Beste ausgesucht und mit allen Bundesliga-Mannschaften wie X Pay- TV-Sendern abgestimmt werden. Schon ist der Spielplan fertig, die Stadion-Gastronomie in der Lage ihre Ressourcen zu planen und der Fan auf dem Weg ins Stadion... ohne Papst und auch Absperrungen für Karnevalszüge, aber großer Vorfreude, den FC spielen zu sehen.
Meine Meinung: Samstag, um 15:30 Uhr war die Welt noch in Ordnung. Ein Spieltag. Eine Uhrzeit. Alle Begegnungen aller Mannschaften. Alle per Hand, Telefon und „Rechenschieber“ festgelegt.
Dank Software-Entwicklung, Kommerzialisierung (u. a. mit Verteilung attraktiver Spiele auf bessere Sendeplätze), internationalen Wettkämpfen (damit verbundene notwendige Regenerationspausen) und zwischenmenschlichen Befindlichkeiten der Sportbosse wird die Planung weiter zeitlich verzögert. Ach! Wir Fans sind ja Gottseidank flexibel und werden nicht mit in den Software Topf gestopft. Dafür dürfen wir uns als Aufsteiger sechs ersten hammerharten Spieltagen nach „fairem“ DFL-Plan stellen.
Mal gucken, was da künftig noch auf uns zukommt... wie man so hört/liest, können wir uns schon jetzt auf 2021/2022 „freuen“ (kein guter Witz!) – für entfallene Montagsspiele könnten dann auch eventuell parallel Sonntagsspiele um 17:30 Uhr stattfinden. Dann ist aus samstags halb vier das neue sonntags halb sechs geworden. Das wird ein schöner Start in die neue Arbeitswoche, je nachdem, wo das Spiel stattfindet. Vielleicht sollten wir der DFL unsere wöchentlichen Arbeitszeiten als nächste Vorgabe für die Software-Berechnung zur Verfügung stellen?!